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Post-Its in die Vergangenheit

Mein heutiges und mein früheres Ich - an das eines meiner Post-Its in die Vergangenheit gerichtet ist.

Warum schreibe ich Post-Its in die Vergangenheit?

Weil ich seit Montag über einen Brief an mein jüngeres Ich nachgedacht habe. Das heißt, eigentlich dachte ich darüber nach, an welches jüngere Ich dieser Brief geschrieben werden soll: Sabine vor 10, 15, 20, 25 Jahren? Sabine in der besonderen Lebenssituation X, Y, B, G?

Wie so oft in meinem Leben konnte bzw. wollte ich mich nicht für nur eine Option entscheiden und habe den Artikel deshalb erst einmal aufgeschoben.

Eben bei der Hunderunde schoss mir dann eine Idee durch den Kopf: Ich schreibe Post-Its in die Vergangenheit. An alle früheren Sabines, die sich über eine gute Nachricht oder die Auflösung des Gehirnwirrwarrs gefreut hätten.

Los geht’s:

Mutti, Dana ärgert mich immer!

Meine liebe 5-jährige Sabine, Du bist gerade sehr traurig, weil Mutti nicht mit Dir nach draußen gegangen ist, um Dana mal so richtig Bescheid zu sagen. Du fühlst Dich allein und im Stich gelassen.

Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Heute kann ich Dir sagen: Du lernst gerade, so zu tun, als ob. Denn Du willst vor Mutti nicht als Schwächling dastehen, aber Du hast auch immer noch Angst vor Dana. Deshalb tust Du so, als hättest Du Dich gewehrt und als hättest Du keine Angst. Und genau das wird Dir später sehr helfen! Denn es wird eine Menge Situationen geben, in denen Du so tun wirst, als hättest Du Mut – und genau dann wird der Mut, den Du brauchst, auch kommen.

Mein heutiges und mein früheres Ich - an das eines meiner Post-Its in die Vergangenheit gerichtet ist.

Ich gehöre nie dazu!

Das war in der ersten Zeit auf dem Gymnasium so. Du warst 10 Jahre alt, und Du hättest so gern dazugehört. Aber überall hatten sich schon Gruppen gebildet, und irgendwie warst Du immer zu spät dran.

Liebe Sabine, in ein paar Jahren wirst Du genau das lieben! Du wirst anders sein, Du wirst Dich mit Freude abseits von allem befinden, was „man“ tut oder lässt, und Du wirst mit Deinem ersten richtigen Freund „Sabine und Stefan gegen den Rest der Welt spielen“. Das wird Euch über eine längere Zeit verbinden, es wird Euch unglaublich viel Spaß machen – und den Ruf zweier ekelhaft arroganter, aber sehr interessanter Sonderlinge einbringen.

Allerdings wird Dich dieses Gefühl auch Dein Leben lang begleiten. Du wirst abseits stehen, weil Dir die Party zu laut ist, wirst nicht wissen, was Du machen willst, wenn fast alle anderen schon Ausbildung und Studium hinter sich und einen gutbezahlten Job haben, Du wirst einen ganz eigenen Weg gehen, während die Mehrheit sicherheitshalber auf der Straße bleibt…

Außerdem wird Dir das Gefühl fehlender Zugehörigkeit die Stärke geben, die Du für die vielen Herausforderungen, die das Leben noch für Dich bereithält, brauchen wirst.

Eines kann ich Dir versprechen: Du wirst zu einem späteren Zeitpunkt Deines Lebens Menschen finden, die ähnlich wie Du „funktionieren“!

Ägypten ausprobieren oder sicherheitshalber zuhause bleiben?

Wow, Du bist jetzt schon 32 Jahre alt! Und fragst Dich immer noch, was Du werden willst, wenn Du einmal „groß“ bist. Jetzt gerade hast Du Dich fürchterlich in Ägypten und einen Ägypter verliebt. Fragst Dich, ob Du es wagen sollst, für eine längere Zeit als nur einen Urlaub dorthin zu gehen. Und ob Du eine Egoistin bist, weil Du Deine Mutter allein zurücklässt.

Meine Liebe, Du hast alles richtig gemacht! Denn ohne dieses Abenteuer hättest Du Dich bis heute gefragt, was gewesen wäre, wenn… Ja, das war egoistisch! Denn Dein Handeln war geprägt von Selbstliebe, und wie früher hast Du Deine Handlungsmaxime bestimmt, nicht die Konventionen, nicht Deine Mutter oder Deine Freundinnen.

Die Zeit der Verliebtheit war bald vorbei, jeden Tag schönes Wetter zu haben wurde Dir auch mit der Zeit langweilig, und als Du wieder zuhause die frische Herbstluft geschnuppert und Deine Katzen begrüßt hast, warst Du glücklich, alles gut überstanden zu haben.

Würdest Du mich heute fragen, ob Du das trotzdem noch einmal machen sollst: JA!!!

Soll ich wirklich meinen Impulsen folgen?

Das ist eine Frage, die Du Dir in fast jedem Alter gestellt hast. Mit 17, als Du keine Lust mehr auf die Schule hattest und Deine Mutter Dich „gezwungen“ hat, trotzdem Dein Abitur zu machen. Mit 19, als Du holterdipolter in Deine erste eigene Wohnung umgezogen bist, mit 21, als Du mit dem Taxifahren angefangen und festgestellt hast, dass es viel mehr Spaß macht als das Studium von Wasauchimmer, mit 35, als Du einen gut bezahlten Job gekündigt hast, weil er Dich krank gemacht hat…

Brief an mein juengeres Ich

Du hast gestrippt, weil Du tanzen wolltest, aber für eine Karriere „angezogen“ schon zu alt warst. Du hast mit Ende dreißig eine Menge Trainerinnenlizenzen erworben und für nicht allzu viel Geld Aerobic, Tae Bo, Dance und Stepaerobic unterrichtet, mit 38 ein Fitness-Studio gekauft und fünf Jahre später wieder geschlossen, Du hast zwei Bücher geschrieben und veröffentlicht, Deine Liebe zu Kreta entdeckt, im öffentlichen Dienst gearbeitet, geheiratet…

Erinnerungen 2021 2

Ja, meine Liebe, Du sollst Deinen Impulsen folgen! Jedem davon, der für Dich wichtig ist und keinem anderen Menschen schadet. (Okay, das hat nicht immer funktioniert, und ich bitte die Menschen, die meinen Impulsen zumindest zeitweise zum Opfer gefallen sind, um Verzeihung.)

Verdammt, mein Leben ist zu Ende!

Das war 2011. Du hattest zwei Bandscheibenvorfälle und fürchterliche Schmerzen. Deshalb hast Du Dich für eine Operation entschieden und warst sicher, dass es danach vorbei sei mit Deinen sportlichen Ambitionen.

Und wieder hast Du Dich sehr allein gefühlt, denn niemand schien Deine Ängste und Deine Gefühle nachvollziehen zu können.

Während dieser Zeit hast Du „Alles wird wieder gut!“ hassen gelernt.

Liebe 47-jährige Sabine! Du wirst nicht nur wieder laufen können, Du wirst sogar Marathon laufen!

Drei Medaillen für Marathons - als Beleg für meine sportlichen Ziele

Und Du wirst andere Formen finden, um Dich auszudrücken. Vielleicht musste diese sehr heftige Erkrankung sein, um Dich aufzuwecken, Dir dabei zu helfen, Dich nicht mehr ausschließlich über Deine (körperliche) Leistungsfähigkeit zu definieren, sondern stattdessen auch andere Eigenschaften an Dir wertzuschätzen.

Boreout, erzwungene Auszeit und Neuausrichtung

Die Bandscheibenvorfälle haben nicht gereicht, um Dich auf einen gesünderen Weg zu bringen. Du hast Dich stattdessen in einer Arbeit aufgerieben, die Dir nicht gut getan hat. Keine Selbstwirksamkeit, abhängig von unterschiedlichen Interessen – und wieder einmal der Versuch, die eierlegende Wollmilchsau in Perfektion zu geben.

Gemeinsam mit Deinem Mann Tim gegen den Rest der Welt – wir waren eine für unsere Umgebung unausstehliche und arrogante Paarung mit starker Tendenz zur Selbstüberschätzung. Zuviel war es Dir trotzdem, und so hat Dich diesmal nicht Dein Körper, sondern Deine Seele zu einer sehr langen Auszeit gezwungen.

Du bist jetzt schon 51 Jahre alt, hast aber noch nicht ansatzweise das Gefühl einer Orientierung. Ganz im Gegenteil: Genau jetzt bist Du eine freie Radikale im luftleeren Raum und hast überhaupt keine Idee, wie es weitergehen soll.

Liebe Sabine, Du wirst auch aus diesen Umständen zu etwas Neuem finden: Vor allem wirst Du die Verbindung zu einer höheren Macht als Geschenk des Lebens erhalten, die Dir erhalten bleiben wird bei allem, was noch auf Dich wartet. Du wirst erleben, dass Du geliebt bist mit allen Deinen Macken, und Du wirst mit Deinem Liebsten leben, statt gemeinsam mit ihm gegen andere zu arbeiten.

Ein Schattenbild eines Paares - Symbol für die vier Phasen der Trauer nach Verena Kast

In diesen Monaten findest Du eine Stärke, die Du in späteren Jahren noch brauchen wirst. Nicht gegen etwas oder jemanden, sondern für Dich gehen, nicht planen, sondern leben, nicht träumen, sondern sein.

Heute, am 7. Oktober 2021, kann ich allen meinen jüngeren Ichs sagen: Ihr habt es gut gemacht bis hierher.

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7 Gedanken zu „Post-Its in die Vergangenheit“

    1. Liebe Barbara-Mira, danke für Deinen Kommentar! Zurzeit habe ich zwar eher das Gefühl, dass meine jüngeren Ichs mein aktuelles ein wenig stützen müssen – aber das wird sich wahrscheinlich auch wieder ändern. 😉

  1. Liebe Sabine. Wow, ich habe grad so viel über deine Vergangenheit erfahren und dich nochmals ganz anders kennengelernt. Danke, für den Einblick. In den Abschnitten „Ich gehöre nie dazu“ oder „Soll ich wirklich ausprobieren“ finde ich mich auch wieder und kann dir nachfühlen. Ich freue mich so sehr, dass du hier dabei bist und die Gruppe bereicherst! Danke!
    Herzliche Grüessli Jeannine

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